Baulich ein Leichtgewicht, für den Kiez ein Schwergewicht: In Berlin-Friedrichshain steht der bundesweit erste Supermarkt aus dem Hochleistungsbaustoff Infraleichtbeton. Dank der eingeschlossenen Luft im Beton ist das Material leichter als Wasser und zugleich wärmedämmend. Für die Jury der „Fachmarkt Stars 2024“ ein Branchenprojekt mit herausragendem Weitblick, zeigt es doch, dass der Baustoff Potenzial hat. Die Auszeichnung in der Kategorie „Neubau“ wurde am Donnerstag (21.11.) im Rahmen des 15. Fachmarktimmobilien Kongresses in Frankfurt a. M. verliehen. REWE hat rund 14 Millionen Euro in das Objekt investiert.
„Als Eigentümer des Grundstücks hatten wir alle Freiheiten, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben die Baustoffe auswählen, das Gebäudeinnere gestalten und nachhaltige Kriterien festlegen zu können“, betont Dirk Heimann, Leiter Bauwesen REWE Ost. „In der Revaler Straße, zwischen RAW-Gelände und Ostkreuz, testet wir nun seit Mai 2023 zum ersten Mal Infraleichtbeton. Er kommt bei den Außenwänden und der Brandschutzmauer zum Einsatz. Ein Projekt mit diesem speziellen Baustoff und in diesen Dimensionen war für alle Neuland.“
Die Technische Universität Berlin (TU) erforscht das Material seit 2006. Infraleichtbeton hat mit 800 Kilogramm pro Kubikmeter eine sehr geringe Rohdichte. Er entsteht, indem Beton sehr leichte Gesteinskörnungen wie Blähton zugefügt werden. Dabei wird Luft im Material eingeschlossen. Zuvor kam Infraleichtbeton nur vereinzelt im Wohnungsbau und bei eingeschossigen öffentlichen Bauwerken zum Einsatz. Der REWE-Markt ist der deutschlandweit erste Gewerbebau. Da die Außenwände weder extra Dämmung noch Schallschutz benötigen, ist Infraleichtbeton positiv für die CO2-Bilanz und die spätere sortenreine Trennung der Baustoffe.
Das Architekturbüro Baumgardt Franke aus Leipzig hat den Experimentalbau geplant. Das Bauen im Bestand stellte für die am Projekt beteiligten Fachfirmen eine besondere Herausforderung dar. Schließlich setzte sich das gesamte Objekt aus drei verbundenen Gebäuderiegeln zusammen. Der vorherige Supermarkt mit Getränkemarkt wurden abgerissen und in Verbindung zum dritten Gebäuderiegel neu errichtet. Die Wände des neuen Gebäudes sind neun Meter hoch und 40 bis 50 Zentimeter dick. Die über neun Meter hohe Brandwand sowohl baustofflich, bemessungstechnisch und dabei noch praktikabel umsetzbar zu konzipieren, ist eine der herausragenden Leistungen bei der Realisation des Standortes.
Abseits der Gebäudehülle kamen weitere Baustoffe zum Einsatz. Das Dach des Marktgebäudes besteht aus einer leichten, gedämmten Stahltrapezkonstruktion, das Tragwerk bilden Holzleimbinder mit Spannweiten von bis zu 27 Metern. Die Innenwände bestehen aus Kalksandstein und Gipskartonständerwänden. Die Glasfassaden, Fenster und Türen sind in Aluminiumkonstruktionen eingefasst.
Neben dem Baustoff Infraleichtbeton sorgen beim REWE-Markt in Friedrichshain weitere Faktoren für eine deutlich bessere Energie- und CO2-Bilanz im Vergleich zu einem Standardbau: Bei dem Neubau handelt es sich um ein REWE Green Building mit modernster Heizungs-, Lüftungs- und Beleuchtungstechnik sowie sparsamen Kälteanlagen. Bundesweit gibt es mittlerweile mehr als 300 dieser Energiespar-Märkte. Diese sparen bis zu 40 Prozent Energie. Die Heizenergie wird zu 80 Prozent durch Abwärmenutzung aus der zentralen Gewerbekälte und zu 20 Prozent über den Einsatz von Wärmepumpen abgedeckt. Heizungs-, Lüftungs-, Beleuchtungs-, Klima- und Kälteanlage belasten die Umwelt nicht mit CO2-Emissionen, das heißt der Markt wird CO2-neutral betrieben. Zur modernen Haustechnik zählen auch komplett verglaste Kühlregale mit LED-Beleuchtung, bei denen ausschließlich natürliche Kältemittel zum Einsatz kommen. Bereits seit 2010 werden alle REWE-Märkte mit 100 Prozent Grünstrom betrieben. REWE Green Buildings werden nach Fertigstellung von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) geprüft und offiziell zertifiziert.
Bezüglich des Einsatzes von Infraleichtbeton bei REWE-Märkten werden die Gespräche mit den Projektbeteiligten fortgesetzt und es wird an Weiterentwicklungen gearbeitet.